Gegen den Entsorgungszwang: Das Beispiel Deutschland

Elektroschrott liegt auf der Straße herum
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In einem Bericht der Vereinten Nationen wurde Ende des letzten Jahres eindringlich davor gewarnt, dass der Berg an Elektroschrott weltweit ein gigantisches Ausmaß erreicht hat. 2017 waren es bereits 45 Mio. Tonnen Elektrogeräte oder umgerechnet an die 1,2 Mio. Lkw-Ladungen, die nicht nur schlechthin weggeworfen, sondern zu einem großen Teil falsch entsorgt wurden, also in den Müll wanderten. Wäre es da nicht besser, wieder mehr zu reparieren, statt immer neu zu kaufen? In Deutschland wird genau dieser Ansatz durch die rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich erschwert. Was also tun?

Mangelhafte Rücknahme-Praktiken

  • Defekte Haushaltsgeräte werden auf einem Laster transportiert
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    © Annett Seidler | Eine geordnete Abholung defekter Haushaltsgeräte ist in Deutschland noch eher die Seltenheit. Schuld ist die spezifische…
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Der Materialwert verschrotteter Geräte, die teilweise wertvolle Metalle wie Kupfer, Silber und Gold beinhalten, wurde 2017 auf 47 Milliarden Euro beziffert. Gut also, dass es in Deutschland seit Juli 2016 eine gesetzliche Rücknahmepflicht für ausgediente Elektrogeräte gibt. Zumindest auf dem Papier.... Gänzlich anders sieht leider die Realität aus, wie ein Praxistest der Deutschen Umwelthilfe vor einigen Monaten zeigte.

Obwohl Verstöße gegen das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) nun mit Ordnungsgeldern bis zu 100.000 Euro geahndet werden können, ist die abschreckende Wirkung, die sich der europäische Gesetzgeber davon versprochen hatte, nicht eingetreten. So bekamen 19 der 25 getesteten Handelsketten, darunter das XXXL-Möbelhaus, Obi, Hagebau, Roller, Ikea, Conrad-Elektronik oder Saturn/Mediamarkt ein glattes „Rot“ für verbraucherunfreundliche und fehlerhafte Rücknahme-Praktiken. Dass es auch besser geht, hätten die Überprüfungen bei Karstadt, den Globus- und Hellweg-Baumärkten oder bei Medimax gezeigt, wie in einem Beitrag des Kölner Stadtanzeigers nachgelesen werden kann.

Deutschland Entwicklungsland?

In der Praxis hapert es also noch gewaltig mit kundenfreundlicher Wertstoff-Sicherung. Aber woran liegt es eigentlich, dass sich in einem Industriestaat wie Deutschland solch innovative Ideen wie die Selbstreparatur oder das organisierte Recycling von schrottreifen Elektrogeräten, über die wir in unseren beiden ersten Artikeln über Österreich sowie Belgien ja schon berichtet hatten, einfach nicht in der erforderlichen Breite durchsetzen können?

Zumindest einige Antworten versuchte im letzten Monat der ZDF-Beitrag „Die Reparatur-Revolution“ seinen Zuschauern zu geben. Darin kommt mit Detlef Vangerow ein Mann zu Wort, der bereits seit über 60 Jahren auf dem Reparaturmarkt für Elektrogeräte zuhause ist und 1995 in Reutlingen damit begann, ein Netzwerk mit heute 80 angeschlossenen Fachwerkstätten auf die Beine zu stellen. Vangerow vertritt konsequent die Meinung, dass Reparatur ein Kulturgut sei, das es zu bewahren gelte. Doch warum wird eigentlich nicht mehr repariert? Und wie kommen wir raus aus der Wegwerf-Falle? 

Reparieren verboten

  • Elektroschrott wird im Container gesammelt
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    © animaflora | In Deutschland landen die meisten defekten Haushaltsgeräte im Elektroschrott. Eine Kultur des Reparierens muss sich erst…
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Abfall heißt nach deutschem Recht: „Es funktioniert nicht mehr“. Der vermeintliche Schrott wird von seinen Besitzern also (bestenfalls) zu einem der deutschlandweit rund 2.000 Recyclinghöfe gebracht und darf dort nicht mehr weiterverkauft werden. Vangerow glaubt jedoch nicht an das Konzept Abfall. Er ist der Meinung, dass viele der weggeworfenenen Dinge noch in Ordnung sind, wenigstens jedoch reparaturfähig. Das versucht er an vielen praktischen Beispielen seiner Mitbringsel vom Schrottplatz zu beweisen.

In Deutschland muss Abfall laut Gesetz verwertet werden, eine Reparatur ist prinzipiell nicht vorgesehen; eine Praxis, die der deutsche Wiederverwertungs- und Reparaturpionier gerne ändern möchte. Den „Dingen“ mehr Wertschätzung geben, anstatt sie gleich wegzuwerfen, und weniger kaufen, mehr reparieren – das sind nur einige seiner Beweggründe. Speziell bei elektrischen Haushaltsgeräten wäre hier aber eine gewisse fachliche Kompetenz seitens der Reparierenden vorauszusetzen. Denn so verlangt es der deutsche Gesetzgeber.

Neues Konzept gefragt

Ein Kreislaufgeschäft wie die „De Kringwinkel“ in Belgien, bei dem sich soziale Verbände und Umweltunternehmen zusammenschließen und Reparaturschulungen für Langzeitarbeitslose oder schwer vermittelbare Personen anbieten, könnte das Zivilisationsproblem der deutschen Wegwerfgesellschaft sicherlich ebenfalls lösen. Denkbar wäre zusätzlich eine Umsatzsteuerbefreiung für solche Unternehmen, die sich mit dieser staatlichen Hilfe über die Zeit auch betriebswirtschaftlich stabilisieren könnten. Dass eine solide Weiterbildung der Mechaniker über fachbezogene Lehrgänge funktioniert, zeigt sich in dem Fernsehbeitrag ebenso wie der beachtliche Kostenvorteil, der sich für die neuen Besitzer recycelter elektrischer Haushaltsgeräte in Cent und Euro auszahlt.

Reparaturcafés und Sozialkaufhäuser, die sich seit einigen Jahren bundesweit zu etablieren beginnen, sind ein guter Ansatz. Aber angesichts der landesweiten Schrottberge bilden sie leider nur einen Tropfen auf den berühmten „heißen Stein“. Und schließlich muss sich der Gesetzgeber die Frage stellen, ob der Jahrzehnte alte „Entsorgungszwang“ gegenwärtig noch zeitgemäß ist. Danach ist alles, was die Verbraucher weggeben, Abfall und darf lediglich von zertifizierten Betrieben behandelt werden. Selbst gespendete Geräte sind in Deutschland eine rechtliche Grauzone, die „eigentlich“ Abfall sind und „eigentlich“ nicht repariert werden dürfen.

In einem Bericht der Vereinten Nationen wurde Ende des letzten Jahres eindringlich davor gewarnt, dass der Berg an Elektroschrott weltweit ein gigantisches Ausmaß erreicht hat. 2017 waren es bereits 45 Mio. Tonnen Elektrogeräte oder umgerechnet an die 1,2 Mio. Lkw-Ladungen, die nicht nur schlechthin weggeworfen, sondern zu einem großen Teil falsch entsorgt wurden, also in den Müll wanderten. Wäre es da nicht besser, wieder mehr zu reparieren, statt immer neu zu kaufen? In Deutschland wird genau dieser Ansatz durch die rechtlichen Rahmenbedingungen erheblich erschwert. Was also tun?
  • Defekte Haushaltsgeräte werden auf einem Laster transportiert
    © Annett Seidler | Eine geordnete Abholung defekter Haushaltsgeräte ist in Deutschland noch eher die Seltenheit. Schuld ist die spezifische Rechtslage, die den Handel mit reparierten Geräten stark einschränkt.
  • Elektroschrott wird im Container gesammelt
    © animaflora | In Deutschland landen die meisten defekten Haushaltsgeräte im Elektroschrott. Eine Kultur des Reparierens muss sich erst noch durchsetzen. Auch die Politik ist hier gefordert.
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