Haus bauen ohne Eigenkapital - Ist das möglich?
Haus bauen ohne Eigenmittel - Gute Idee?
In einer Niedrigzinsphase wie der aktuell vorherrschenden neigen Finanzratgeber und einige Banken schnell zu der Empfehlung, den eigenen Traum vom Haus nicht länger aufzuschieben, selbst wenn das auf Kosten einer Vollfinanzierung geht. Was sie damit sagen wollen, ist, dass ein Hausbau nun in jedem Fall sinnvoll sei, auch wenn man sich das eigentlich gar nicht leisten kann und das erforderliche Geld komplett aus einem Kredit bestreiten muss. Schließlich ist das Zinsniveau ja historisch tief, das Abstottern des Darlehens somit kein Problem.
Was allerdings stutzig macht: Bislang wurde doch die Idee, ein Haus zu bauen ganz ohne Eigenkapital, mehrheitlich als eine eher schlechte Idee angesehen. Denn das Risiko einer Überschuldung ist bei den fraglichen hohen Darlehenssummen nicht von der Hand zu weisen. Hat sich daran also prinzipiell etwas geändert? Lassen sich Banken jetzt plötzlich schneller auf ein Darlehen ohne Eigenmittel ein? Und worauf ist eigentlich zu achten, wenn das Bauen ohne Eigenkapital erfolgen soll? Wir haben uns das Problem näher angesehen.
Für wen ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital sinnvoll?
Beim Haus bauen ohne Eigenkapital hat sich eines ganz sicher nicht geändert: Banken stehen diesem Thema grundsätzlich eher skeptisch gegenüber. Dennoch gibt es durchaus bestimmte Personen, denen ein solcher Baukredit trotzdem förmlich nachgetragen wird. Das Profil sieht in etwa so aus: jung, mit hoher Ausbildung, lukrativer Einstiegsposten z.B. im Finanz- oder Pharmabereich, dauerhaftes Anstellungsverhältnis mit optimalen Chancen auf eine schnelle Karriere, finanziell abgesichert durch ein wohlhabendes Elternhaus. Kernpunkte sind, dass die Kandidaten im Leben noch keine Gelegenheit hatten, Eigenkapital anzusammeln, aber bereits ein lukratives Einkommen beziehen und die Aussicht genießen, dass sich daran so schnell nichts ändern wird. Eine solche Konstellation bedeutet für eine Bank faktisch kein Risiko. Denn sie wird ihr Geld mit hoher Wahrscheinlichkeit wiedersehen. Noch aussichtsreicher wird das Unterfangen, wenn sich ein Lebenspartner dazu gesellt, der ebenfalls über ein hohes Einkommen verfügt.
Die Denkweise hinter diesen Anforderungen: Nur Menschen mit hohem Einkommen haben die Möglichkeit, bereits anfänglich hohe Raten abzuzahlen, ohne darunter an Lebensqualität einzubüßen. Mit Auslaufen der Fixzinsbindung bleibt dann eine überschaubare Restschuld, die in der Regel kein großes Hindernis mehr darstellt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, betrachten Banken eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital immer als eine Risikofinanzierung - mit den entsprechenden Konsequenzen für die Vertragskonditionen. Eigentlich ist das Bauen ohne Eigenkapital also nur dann sinnvoll, wenn ein überdurschnittlich hohes Haushaltseinkommen eine vergleichsweise rasche Tilgung des Kredits in Aussicht stellt.
Ist für alle anderen eine Vollfinanzierung tabu?
Menschen, die allenfalls ein Durchschnittseinkommen beziehen, werden es schwer haben, ihre Bank von einer Vollfinanzierung des Hausbaus zu überzeugen. Grundsätzlich ist diese Zurückhaltung auch nachvollziehbar. Denn die Kreditfinanzierung einer kompletten Baustelle mitsamt Baunebenkosten und Baugrund erfordert Summen, deren Rückzahlung auf Jahre hinaus die persönliche Finanzsituation bestimmen wird. Das sollte unbedingt bedacht werden, wenn man bereit ist, so manchen Verzicht dafür in Kauf zu nehmen. Denn dieser Verzicht auf Urlaub, Freizeitaktivitäten oder teure Technik geriete praktisch zum Dauerzustand.
Besser sieht es aus, wenn in einer Partnerschaft zwei Einkommen zur Verfügung stehen. Doch sollte hier in Erwägung gezogen werden, ob die Ableistung des Kredits auch bei Ausfall eines dieser Einkommen noch zu stemmen wäre. Anderenfalls läge wiederum ein prekäres Finanzierungsmodell vor. Immer zu beachten ist: Beim Bauen ohne Eigenkapital ist das Haus mit einer Hypothek belastet, bei Zahlungsausfall ist das Haus weg. Der Beleihungswert, den die Bank dabei veranschlagt, liegt aber deutlich unter dem ursprünglichen Kaufwert. Somit ist der private Finanzhaushalt nicht saniert, wenn das Haus versteigert wird. Oft bleiben trotzdem hohe Kreditschulden zurück. Und das ist es, was das Haus-Bauen ohne Eigenkapital so teuer macht.
Eine Vollfinanzierung ist bei passenden Voraussetzungen also auch Haushalten mit durchschnittlichem Einkommen möglich. Die Risiken sollten aber keinesfalls unterschätzt werden.
Hauskredit ohne Eigenkapital - Was sind die Voraussetzungen?
Bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital veranschlagen Banken aufgrund des erhöhten Risikos zum Zahlungsausfall einen höheren Sollzins. Ein Hauskredit ohne Eigenkapital ist also grundsätzlich teurer als ein Kredit mit Eigenmitteln. Voraussetzung einer Gewährung ist eine makellose Bonität der Darlehensnehmer. Müssen bereits anderweitig Kredite und Zahlungsverpflichtungen bedient werden, ist die Gewährung einer Vollfinanzierung unwahrscheinlich und sollte auch nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden.
Bei historisch tiefen Zinsständen wie im aktuellen Fall sollte auch eine möglichst lange Zinsbindung vereinbart werden, damit die Darlehensnehmer von den günstigen Zinsen effektiv profitieren. Zwar wird hierdurch der Kredit in Summe noch einmal teurer, aber die Höhe der Raten bleibt über einen langen Zeitraum hinweg kalkulierbar. Denn Fakt ist: Bei hohen Darlehenssummen, wie sie das Bauen ohne Eigenkapital erforderlich macht, würde selbst ein leichter Zinsanstieg schon erhebliche Mehrkosten nach sich ziehen und die Monatsraten vielleicht unbezahlbar machen.
Weiterhin sollte man vorab die Summe des Darlehens nach Möglichkeit reduzieren. Gelegenheiten dazu bieten etwa eine finanzielle Unterstützung durch Verwandte oder der Einsatz der sogenannten Muskelhypothek. Bei letzterer müssen aber nüchterne Kalkulationen vorgenommen werden, es dürfen keine fantastischen Illusionen Pate stehen. Die Mitarbeit auf dem Bau ist anstrengend und zeitraubend. Und Heimwerker werden allenfalls im Innenausbau einen angemessenen Beitrag leisten können.
Wichtigste Voraussetzung ist letztlich ein solider Haushaltsplan! Nur wenn die persönliche Finanzplanung Hand und Fuß hat, wird die Bank das Unternehmen absegnen. Und dabei sollte nicht auf jeden Komfort verzichtet werden, um sich den Kredit leisten zu können. Denn schnell treten auch unvorhergesehene Zahlungsfälle ein wie Autoreparaturen, Zahnersatz oder die Neuanschaffung von Haushaltsgeräten. Und wer ohnehin schon auf jeden Urlaub verzichtet, wird es schwer haben, solche finanziellen Engpässe zu überwinden.
Weitere Tipps zur Vollfinanzierung
Was muss außerdem beachtet werden, wenn das Haus-Bauen ohne Eigenkapital zum Erfolg führen soll? Hier einige Hinweise:
- Die Kreditsumme ist möglichst klein zu halten. Daher bescheiden planen, auf Materialbestände zurückgreifen (vor allem in der Einrichtung), Eigenleistungen erbringen, diese aber richtig einschätzen.
- Das benötigte Darlehen durch verwandtschaftliche Geldzuwendungen, staatliche Förderungen und Zuschüsse für nachhaltige Bauprojekte weiter reduzieren. Unbedingt informieren, was für Förderungen möglich sind!
- Nach Möglichkeiten die Baunebenkosten selber tragen. So beläuft sich das Darlehen nur auf den eigentlichen Wert des Hauses.
- Eine Rücklage für unvorhergesehene Zahlungsfälle bereit halten. Empfohlen werden zumindest drei volle Monatsgehälter.
- Unbedingt Angebote verschiedener Banken einholen. Gerade im Vergleich der Konditionen lässt sich oft noch einiges aushandeln.
- Auch Direktbanken für die Finanzierung in Betracht ziehen, denn sie bieten oft bessere Konditionen. Verhandlungsgenies nutzen aber besser die Beratung durch persönliche Ansprechpartner bei der Hausbank.
- In Niedrigzinsphasen eine möglichst lange Zinsbindung vereinbaren. So bleibt der Finanzierungsplan überschaubar, bis ein guter Teil des Darlehens abbezahlt wurde.
- Flexible Tilgungsraten vereinbaren. Anfänglich höhere Raten beschleunigen den Abbau des Darlehens, können aber bei Eintreten finanzieller Engpässe auch reduziert werden.
- Vertraglich die Möglichkeit zu Sondertilgungen wahren. So kann das Darlehen, wenn z.B. im Erbfall oder aus anderen Gründen größere Summen zur Verfügung stehen, schneller und ohne zusätzliche Kosten abgebaut werden.
Fazit
Wer seinen Haushaltsplan sauber kalkuliert und sich bzgl. der Baukosten keinen Illusionen hingibt, kann das Haus-Bauen ohne Eigenkapital während der andauernden Niedrigzinsphase zumindest in Erwägung ziehen; ein ausreichendes Einkommen vorausgesetzt! Ganz ohne finanzielle Unterstützung von dritter Seite wird es aber wohl nicht funktionieren. Und ohne Sicherheiten werden seriöse Banken von dem Plan auch nicht zu überzeugen sein. Das Ziel muss lauten, das Darlehen möglichst weit abzubauen, bevor das Ende der Zinsbindung eintritt. Eine zu hohe Restschuld würde das finanzielle Risiko sonst unüberschaubar machen. Wenn das allerdings bedeutet, für die nächsten 20 Jahre auf Urlaub zu verzichten, ist der Preis für den Traum vom Eigenheim eindeutig zu hoch.
Hinweis: Wer von Beginn an plant, die Vollfinanzierung nur mit einem minimalen Tilgungssatz zurückzuzahlen, sollte schnell von dem Vorhaben Abstand nehmen. Es droht eine Verschuldung, die bis zum Lebensende andauern wird.
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