Wie funktioniert der Bausparvertrag in Deutschland?
Die bunte Welt des Bausparens
Bausparen hat Tradition! Wohl kaum eine andere Anlageform konnte sich über die vergangenen Jahrzehnte einer vergleichbar ungebrochenenen Beliebtheit erfreuen und dabei selbst schwierigste Finanzkrisen überwinden. Das liegt natürlich nicht zuletzt an den vergleichsweise guten Sparkonditionen, die auf dem speziellen Kapitalsystem des Bausparvertrags beruhen und über verschiedene Zuschuss-Mechanismen zustande kommen. Außerdem sind sämtliche Zinssätze, die für den Bausparvertrag vereinbart werden, über die gesamte Laufzeit festgeschrieben, was Sparern eine in Finanzfragen selten erreichte Planungssicherheit ermöglicht.
Doch noch ein anderes Phänomen gesellt sich hinzu: Der Bausparvertrag ist als Institution mittlerweile fest in der Gesellschaft verankert. Kaum ein Auszubildender, der sich nicht über einen Bausparvertrag das Startkapital für das erste eigene Auto oder die Einrichtung der neuen Wohnung anspart. Der Bausparvertrag, so scheint es, gehört mittlerweile zum Leben einfach dazu.
Was ist Bausparen?
Der Bausparvertrag ist ein Finanzierungsmodell der Bausparkassen, das auf dem Gedanken kollektiven Sparens beruht. Das bedeutet konkret, dass viele Sparer gleichzeitig in einen gemeinsamen Geldtopf einzahlen, aus dem dann nach und nach jeder einzelne Sparer mit einem Kredit versorgt wird. Der Rückgriff auf tatsächlich vorhandenes Kapital beschert dabei vergleichsweise gute Zinskonditionen am Markt. Es muss aber immer erst eine ausreichende Summe an Sparmitteln zusammen kommen, bis die erste Zuteilung eines Darlehens erfolgen kann. Danach wird weitergespart, bis der nächste Bausparer an der Reihe ist und so fort.
Das Besondere an dem Modell ist, dass die Möglichkeit zur Inanspruchnahme eines Darlehens zunächst die Einzahlung eines anteiligen Betrags der anvisierten Darlehenssumme auf ein Bausparkonto erforderlich macht. Schließlich wird das Darlehen ja nicht direkt von der Bank geleistet, sondern aus dem eingezahlten Kapital zahlreicher anderer Bausparer gestiftet, die zur gleichen Zeit einen Bausparvertrag bedienen. Üblicherweise beträgt der Anteil des Sparguthabens an der gesamten Bausparsumme - also an der Kombination von Sparguthaben und Bauspardarlehen - zwischen 40 und 60%.
Wie funktioniert ein Bausparvertrag?
Ein Bausparvertrag wird in drei Phasen abgehandelt: einer Sparphase, der Zuteilungsphase und der Tilgungsphase. In der Sparphase geht es darum, zunächst das erforderliche Mindestkapital anzusparen, um von dem zinsgünstigen Darlehen profitieren zu können. Hierzu werden monatliche Raten in den Bausparvertrag eingezahlt. Die Dauer dieser Phase beläuft sich im Durchschnitt auf 5-7 Jahre. In der Regel gibt es dabei eine vertraglich festgesetzte Mindest-Ansparzeit, vor deren Ablauf noch kein Anspruch auf die Zuteilung eines Darlehens besteht.
Ist nach einigen Jahren das Mindestguthaben nach Ablaufen der Ansparzeit erreicht, folgt die Zuteilungsphase. Hier wird die Differenz zwischen angespartem Guthaben und der Vertrags- bzw. Bausparsumme als Darlehen ausbezahlt. Bis zur Ausschüttung dieses Darlehens können allerdings mehrere Monate vergehen. Denn die Ausschüttung ist davon abhängig, wann der kollektive Geldtopf über ausreichende Mittel dazu verfügt. Allerdings besteht in Deutschland ein rechtlicher Anspruch auf das Darlehen, der sogar weitervererbt werden kann.
Während der Tilgungsphase wird das Darlehen schließlich wieder zurückgezahlt. Je nach Höhe der monatlichen Rate endet diese Phase nach zehn bis zwölf Jahren, ist damit also viel kürzer als die Tilgungsphasen bei anderen Kreditmodellen. Dafür fällt die Tilgungsrate durchschnittlich höher aus als bei anderen Kreditformen.
In dem eigentlichen Vertragswerk handeln Kreditinstitut und Bausparer die individuellen Konditionen aus, die das Bausparen bestimmen werden. Das reicht von den Zinssätzen (Sparzins, Darlehenszins), über die anvisierte Bausparsumme bis hin zu Laufzeit und monatlichen Raten. Bausparkassen bieten dazu verschiedene Tarife an, die auf verschiedene Sparziele und unterschiedliche Einkommensverhältnisse abgestimmt sind. Die vereinbarten Konditionen gelten dabei über die gesamte Laufzeit des Vertrags. Im Gegensatz zu anderen Darlehensformen ändert sich an der Tilgungsrate also nichts mehr, wenn der Vertrag erst einmal steht. Das kann die finanzielle Planung für die Zukunft wesentlich erleichtern.
Hinweis: Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase versuchen die Bausparkassen immer öfter, nun auch bei Bauspardarlehen für den Sparzins nur eine begrenzte Zinsbindung von 10 Jahren zu vereinbaren. Darauf ist bei Aushandlung des Vertrages zu achten.
Bausparen als Anlageform
Der bankenübliche Sparzins ist bei Bausparverrägen kaum höher als bei anderen Geldanlagen und liegt derzeit auf einem Mindestniveau. Aufgrund ihrer besonderen Kapitalhäufungsmechanismen, die eine Belohnung der Sparbemühungen von staatlicher Seite vorsehen, können Bausparverträge dennoch in Summe vergleichsweise gute Zinskonditionen anbieten. In Deutschland erfolgt die Förderung primär über Sozialleistungen durch den Arbeitgeber, die sogenannten vermögenswirksamen Leistungen. Ihre Höhe ist tariflich festgelegt. Auf Antrag kann aber auch von weiteren staatlichen Förderungen wie der Arbeitnehmersparzulage und der Wohnungsbauprämie profitiert werden. Die Arbeitnehmersparzulage macht einen Zuschuss von 9% auf die vermögenswirksamen Leistungen bis zu 470 Euro/ Jahr aus. Die Wohnungsbauprämie von 8,8% dagegen gilt für eigene Kapitaleinzahlungen bis zu 512 Euro/ Jahr.
Diese Zuschüsse waren ursprünglich nur für Durchschnittsverdiener vorgesehen. Die Arbeitnehmersparzulage erhalten daher nur Bausparer mit einem zu versteuernden Einkommen von maximal 17.900 Euro. Bei der Wohnungbauprämie liegt die Obergrenze bei 25.600 Euro. Verheiratete Paare können gemeinsam jeweils eine doppelt so hohe Obergrenze geltend machen. Trotzdem: Großverdiener mit Sparambitionen können vom Bausparen weniger profitieren.
Die garantierten Zuschüsse auf das Ersparte haben schon vor Jahrzehnten dazu geführt, dass gerade junge Erwachsene und Haushalte mit moderatem Einkommen den Bausparvertrag als ihre wesentliche Anlageform entdeckt haben. Sie nutzen das Bausparen, um kleinere Kapitalsummen zu ersparen und diese dann nach Fälligkeit mitsamt Zinsen für größere Investitionen, wie z.B. ein Auto, einzusetzen. Von dem Bauspardarlehen wird dabei allerdings kaum Gebrauch gemacht. Denn seine Einsatzmöglichkeiten sind praktisch auf Baumaßnahmen begrenzt. Doch die Bausparkassen haben sich darauf eingestellt und bieten auch Tarife an, die vor allem die Sparphase betonen, während sie die Tilgungsphase vernachlässigen.
Beispiel: Es wird ein Bausparvertrag mit einer Vertragssumme von 20.000 Euro und einer Spareinlage von monatlich 100 Euro über eine Ansparzeit von 7 Jahren vereinbart. Der Sparzins liegt bei 1,25%. Das zu versteuernde Einkommen beläuft sich auf 17.000 Euro. Der Arbeitgeber zahlt tariflich 20 Euro pro Monat in die Sparbemühungen ein.
Nach 7 Jahren sind insgesamt 8.400 Euro in den Vertrag eingezahlt. Dazu gesellen sich 1.680 Euro an vermögenswirksamen Leistungen. Da das Maximaleinkommen für beide staatliche Prämien nicht überschritten wurde, erhält der Bausparer außerdem rund 151 Euro Arbeitnehmersparzulage und knapp 315 Euro an Wohungsbauprämie. Gemeinsam mit den Sparzinsen von fast 446 Euro kommt so ein Gesamtsparguthaben von rund 10.993 Euro zusammen. Das entspricht einer Ansparquote von fast 55% auf die Vertragssumme.
Die verbleibenden 9.007 Euro auf die Bausparsumme werden nach der Zuteilung als Darlehen ausbezahlt. Der Sollzins wurde bereits zu Vertragsbeginn auf 3% festgesetzt. Beträgt die Darlehensrate ebenfalls 100 Euro, ist das Darlehen nach weiteren 8,5 Jahren abbezahlt. Dabei werden rund 1.211 Euro an Zinsen fällig. Eine höher angesetzte Rückzahlungsrate von 150 Euro hätte das Darlehen schon nach 5,5 Jahren beglichen, wobei nur 765 Euro an Zinsen angefallen wären.
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