Forstner-, Flachfräsbohrer, Bohrkrone, Lochsäge und Co.: Welches Werkzeug wofür?
Spezialbohrer: Nicht die antwort auf alle Fragen
Wer schon mit Spiralbohrern gearbeitet hat, erst recht solchen von besserer Qualität, der hat wahrscheinlich gemerkt, wie leicht damit die Arbeit von der Hand geht. Und es ist absolut verständlich, sich zu fragen, warum man überhaupt an andere Bohrer denken sollte, wenn es den Spiralbohrer doch für praktisch jedes denkbare Material gibt.
Definitiv eine berechtigte Frage. Jedoch eine, die sich schnell beantwortet, wenn man die Nachteile des Spiralbohrers betrachtet:
- Der Spiralbohrer ist ein Universalwerkzeug. Er kann vieles, aber nichts wirklich perfekt, vor allem, wenn es um wirklich saubere Löcher, auch an den Innenkanten, geht.
- Es ist je nach Material sehr schwierig, einen Spiralbohrer einzusetzen, ohne dass es auf der Austrittsseite zu Ausreißern oder Gratbildung kommt.
- Der Spiralbohrer kann nur „ganze“ Löcher bohren: Durch seine hohe Neigung zum Auswandern ist es unmöglich, nur teilweise Löcher in Form von runden Anschnitten am Werkstückrand zu erzeugen.
- Da Spiralbohrer vorne einen gewissen(!) Winkel aufweisen, können sie keine nicht-penetrierenden Löcher (sogenannte Sacklöcher) mit planem Grund bohren.
- Spiralbohrer können nur „voll“ bohren, also das gesamte Bohrloch leerräumen – wobei zudem kein Bohrkern verbleibt, sondern der gesamte Innenbereich zerschnitten oder zermahlen wird.
Ein weiterer Punkt: Bei Spiralbohrern endet die Wirtschaftlichkeit ab einem gewissen Durchmesser. Deshalb gibt es nur wenige Stücke, die größer als 20 mm bohren können – obwohl es Bedarf für so große Löcher gibt.
Es gibt also gute Gründe, in seinem „Arsenal“ auch andere Bohrervarianten zu bevorraten und sie zu nutzen, wenn die Zeit gekommen ist. Doch welche?
Die Lochsäge: Helfer mit nettem Nebeneffekt
Fassen wir kurz zusammen: All die hier vorgestellten Bohrer können etwas besser als der Spiralbohrer. Vor allem, was den Lochdurchmesser anbelangt, aber auch andere Dinge. Den diesbezüglich wahrscheinlichen Gipfel, zumindest was den Bereich der Heimwerker anbelangt, stellt die Lochsäge dar.
Der Name ist buchstäblich Programm: Wo sich sehr viele andere Bohrertypen durch das Material arbeiten, indem Sie aus dem Boden des Bohrlochs dünne Schichten herausschneiden, arbeitet die Lochsäge nach dem Arbeitsprinzip einer zum Vollkreis gebogenen Säge samt Zähnen – stark vereinfacht gesprochen.
Das heißt, die Lochsäge wird (häufig mit einem Spiralbohrer als integrierte Zentrierspitze) angesetzt und sägt einen runden Spalt ins Material, dessen Breite der Materialstärke des Sägeblattes entspricht. Infolgedessen ist das Bohrloch so lange ein Ringspalt, bis das gesamte Material durchdrungen wurde. Erst dann ist der Bohrkern vom umgebenden Rand vollständig gelöst.
Prinzipiell haben wir es mit zwei Arten von Lochsägen zu tun:
- Lochsägen, die mit allen Bauteilen für sich stehen.
Es wird also für jeden Durchmesser eine eigene komplette Lochsäge benötigt. Aus diesem Grund finden sie sich üblicherweise als Set, das mehrere Bohrer unterschiedlicher Durchmesser enthält. Das hat den Vorteil sehr großer Stabilität.
- Lochsägen, bei denen der Träger universell ist.
Bei diesen werden also nur die Sägeklingen dem gewünschten Durchmesser entsprechend eingesetzt. Diese werden dann mit einem Bajonettverschluss am Träger befestigt. Weit weniger stabil, aber ziemlich günstig.
Durch die Konstruktion der Lochsäge ist diese „nur“ für Holz, Metall, Kunststoff, Gipskarton sowie Fliesen geeignet.
Neben dem großen möglichen Bohrlochdurchmesser bis jenseits der 250 mm besteht der charmante Vorteil darin, dass beim Ausbohren ein Zylinder, respektive eine Rundscheibe entsteht. Dadurch eignet sich die Lochsäge nicht nur für Projekte, bei denen das Loch das Ziel ist, sondern viel mehr dessen Innenbereich – etwa, um schnell und einfach hölzerne Untersetzer anzufertigen.
Die Bohrkrone: Helfer für Harte Fälle
Der Grundgedanke der Lochsäge mit dem Herausschneiden eines festen Bohrkerns ist gut, aber mit der Sägetechnik nicht für alle Materialien geeignet. Insbesondere für Beton und Naturstein sowie artverwandte harte Materialien existiert deshalb die Bohrkrone – sie wird sogar in Fels angewendet.
Technisch und optisch ähnelt sie den für sich stehenden Varianten der Lochsäge. Aus Stabilitätsgründen gibt es jedoch keine Varianten mit austauschbaren Schneidklingen. Der entscheidende Unterschied: Hier wird durch die Rotation nicht gesägt. Viel mehr ist die „Brüstung“ der Bohrkrone mit sehr harten Materialien bestückt, beispielsweise Diamant. Dadurch wird im Betrieb eher geschnitten bzw. geschliffen. Dieser wichtige Unterschied macht diese Aufsätze auch um einiges langlebiger. Eine gute Bohrkrone kann problemlos ein ganzes Heimwerkerleben überstehen.
Eine Limitierung teilen sich Bohrkrone und Lochsäge allerdings: Es sind damit nicht so extreme Materialdicken möglich, wie es bei Spiralbohren der Fall ist. Bei maximal 100 mm ist bei den meisten Werkzeugen für den heimischen Gebrauch Schluss.
Der Forstnerbohrer: Der, der auch halbe Sachen kann
Was den Bohrlochdurchmesser anbelangt, ist der Forstnerbohrer ein Mittelding. Es gibt ihn zwar auch für relativ moderate Durchmesser im Bereich von etwa 10 mm, ebenso existieren jedoch auch deutlich größere Exemplare bis etwa 100 mm.
Kernkriterium dieses nach seinem Erfinder benannten Bohrers: Er ist ausschließlich für Hölzer und Holzwerkstoffe gedacht, gegebenenfalls noch weiche Kunststoffe. Beim Draufblick zeigt sich die Form eines stilisierten „S“. Der Grund dafür: Innen besitzt dieser Bohrer zwei im Betrieb rotierende Schneiden, die wiederum durch gebogene Umfangschneiden ergänzt werden.
Da dieser Bohrer zudem nur eine sehr kleine Zentrierspitze besitzt, ist er trotz des vielleicht großen Durchmessers ein Werkzeug für spezielle Anwendungen:
- Sehr präzises, voll penetrierendes Ausbohren von Astlöchern,
- das Anfertigen von Sachlöchern mit flachem Boden und
- das Herstellen von nur angeschnittenen Bohrlöchern am Rand des Materials.
Weiter ist der Forstnerbohrer auch ideal, wenn es beispielsweise darum geht, mehrere überschneidende Löcher niederzubringen, um ein großes Langloch entstehen zu lassen – etwa bei der Eigenkreation eines Briefkastens für den Einwurfschlitz.
Übrigens ist der Forstnerbohrer mit dem Zylinderkopfbohrer verwandt. Der besitzt allerdings anders aufgebaute Umlaufschneiden, weil er für ungewöhnlich harte Hölzer und ähnliche Materialien gedacht ist.
Der Flachfräsbohrer: Ein Bohrer alter Schule
Wer einen Flachfräsbohrer gesehen hat, wird ihn nicht mehr vergessen. Dafür sorgt bereits die Konstruktion. Wo praktisch jede andere handelsübliche Form von Bohrer im Profil kreisrund ist, ist dieser flach – und kann deshalb auf den ersten Blick rasch mit einem Beitel oder einem ähnlichen Meißelwerkzeug verwechselt werden.
Dieser Eindruck wird durch den Schliff verstärkt: Der Flach(fräs)bohrer ist stirnseitig zweigeteilt und dort jeweils scharf angeschliffen. Es handelt sich also um einen Holzbohrer – und zwar einen, der ziemlich schnell, ziemlich tiefe Löcher produzieren kann.
Doch warum macht man sowas? Ganz einfach: Der Flachbohrer ist ein Kind einer Ära, in der es wirklich noch schwierig war, Bohrer anzufertigen. Ein so flaches Werkzeug benötigt nur wenige Arbeitsschritte, kann sogar manuell angefertigt werden. Der Flachbohrer war deshalb schon da, als man noch keine motorisierten Bohrmaschinen kannte und beispielsweise nur auf die Handkurbelbohrmaschine setzen konnte. Und er war deutlich billiger als jeder Spiral- oder Schlangenbohrer. Tatsächlich also ein schon damals für Selbermacher gedachtes Tool.
Hierbei brilliert der Flachbohrer auch nach wie vor. Er schneidet sehr schnell, überträgt ein hohes Drehmoment und ist deshalb perfekt für Heimwerker, die es ebenfalls gerne manuell angehen – wenngleich er auch in Elektrobohrern verwendet werden kann.
Allerdings sind Tempo und die sehr gute Eignung für den Handbetrieb die einzigen Vorteile des Flachfräsbohrers.
- Der Bohrer vibriert vor allem im elektrischen Betrieb sehr stark. Das sorgt dafür, dass er grundsätzlich eher unsaubere Löcher produziert.
- Es ist durch die Arbeitsweise praktisch unmöglich, penetrierende Löcher herzustellen, ohne dass es beim Austritt auf der Rückseite zu großflächigen Splitterungen kommt.
Zwar wird er auch hierzulande verkauft, deutlich häufiger sieht man ihn allerdings in Nordamerika. Dort, wo man so extrem viel in Trockenbauweise arbeitet, ist er ein hochbeliebtes Mittel auf dem Bau, um Holständer zu durchbohren, um Kabel zu verlegen – deshalb ist die Spitze des Flachbohrers auch mit einem Loch versehen. Ist er durch das Material hindurch, kann man dort ein Kabel einhängen und es beim Herausziehen des Bohrers gleich mitnehmen.
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