Urban Gardening – Stadtmensch trifft Natur
Von der Bewegung zum Trend
Die meisten Städter sucher ihr Heil heutzutage am Stadtrand, wenn sie sich als Gärtner verwirklichen wollen (siehe unseren Artikel Urbanes Gärtnern – Das neue Miteinander). Doch auch in der City tun sich inzwischen verstärkt neue Möglichkeiten auf. Mitverantwortlich dafür ist nicht zuletzt die Bewegung des Urban Gardening. Deren Vertreter nutzen jeden noch so kleinen Grünstreifen in der Betonwüste der Stadt, um etwas zu pflanzen und die Straßen bunter zu machen. Vorher gefragt wird dabei jedoch nur selten.
Doch der Trend zum Urban Gardening, das in den Anfängen als eine Art grüner Punk angesehen werden konnte, wird mittlerweile auch von offizieller Seite gefördert. Ziel ist es, das Potential des Trends zur gezielten Stadtverschönerung zu nutzen. Viele Stadtverwaltungen vergeben inzwischen Baumpatenschaften an interessierte Bürger, die zur Verbesserung ihres Wohnumfeldes beitragen möchten. So dürfen um Baumscheiben herum Blumen- oder Kräuterrabatten angelegt werden, die dann durchaus auch gelegentlich etwas größer ausfallen können. Wer keinen eigenen Garten hat, wird diese Möglichkeit zu schätzen wissen.
Bewusstsein im Wandel
Die vermehrte Hinwendung zum Prinzip des Urban Gardening geht auch mit einem neuen Bewusstein einher. Dr. Philipp Stierand, Autor des bekannten Sachbuchs „Speiseräume“ schreibt in seinem Blog dazu Folgendes: „Stadt und Ernährung sind zwei Begriffe, deren enge Verbindung sich in den letzten 100 Jahren aufgelöst zu haben scheint. Mit den Kuh- und Ziegenställen, den Küchengärten und den Schlachtbänken ist auch das Thema Ernährung aus den Städten verschwunden. Lebensmittel kommen vom Land, Ernährungspolitik wird irgendwo gemacht.
Die Verunsicherung der Verbraucher durch eine lange Reihe von Lebensmittelskandalen, die Diskussionen um den Klimawandel, sich verschärfende Umweltprobleme und die Volkskrankheit Fettsucht ändern dies gerade. Es werden neue Anforderungen an die Lebensmittelversorgung formuliert: Vertrauen, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Fairness. Mit diesen neuen Herausforderungen kehrt die Ernährungspolitik auf die städtische Ebene zurück.“
Soziales Gärtnern in der Stadt
Neue Ausdrucksformen des Urban Gardening setzen inzwischen mehr auf soziales Miteinander. Einschlägige Suche-/Biete-Anzeigen kennt wohl jeder aus dem Anzeigenteil seiner Regionalzeitung. Oder es werden Gartenpaten gesucht bzw. eine Erntebeteiligung gegen Muskelhypothek angeboten. Das liest sich dann mitunter so, wie wir es auf dem Portal der Gartenpaten entdeckt haben: „Wir suchen einen kleinen Garten oder auch Teil eines Schrebergartens für die Selbstversorgung und Freizeit. Gegenseitige Unterstützung wird geboten.“ Um die 200 solcher Angebote sind hier eingetragen, die Menschen aus verschiedenen Generationen sowie unterschiedlicher Herkunft zusammenbringen.
Dennoch wäre ein solches Projekt immer der mit Abstand flächenmäßig kleinste Vertreter der urbanen Gemeinschaftsgärten. Wer es eine Nummer größer mag, findet viele wertvolle Informationen auf dem Onlineportal der Anstiftung. In der aktuellen und sehr informativen Datenbank sind deutschlandweit knapp 600 Gemeinschafts- bzw. interkulturelle Gärten aufgeführt, in denen sich Interessenten und passionierte Gärtner mit ihrem Wissen einbringen und sich mit ihrer Arbeitskraft engagieren können.
Fazit
Das Phänomen Urban Gardening hat sich längst von seinen Ursprüngen emanzipiert. Es geht nicht mehr vordergründig darum, durch ungefragtes Bepflanzen verwahrloster Grünflächen eine Form des ökologischen Protestes zu äußern. Vielmehr soll erreicht werden, den Einklang von Stadt und Natur ganz bewusst wieder neu anzuregen. Da spielen inzwischen auch die Stadtverwaltungen gerne mit.
Allerdings sollten Grundstückseigentümer bzw. Kommunen rechtzeitig in die Pläne eingeweiht werden, wenn solche Anpflanzungen zur Aufwertung öffentlicher Flächen geplant sind. Sonst kann es schon einmal zu Missverständnissen kommen. Und es wäre doch schade, wenn die vielen kleinen Gartenkunstwerke in der Stadt aufgrund von Rechtsstreitigkeiten wieder verschwinden müssten.
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