Alles auf Sparflamme? –Rohbau richtig planen
Fehlerkreislauf vermeiden
Spätestens wenn der Rohbau in die Umsetzungsphase übergeht, könnte sich zeigen, dass es durchaus Sinn macht, neben einem professionellen Architekten wenigstens einen bauausführenden bzw. beratenden Sachverständigen vom Fach an seiner Seite zu wissen. Denn zu spät erkannte Fehler können bereits in der Rohbauphase leicht zu einer Kostenexplosion führen; besonders dann, wenn die Mängel erst zu einem Zeitpunkt entdeckt werden, in dem das fertige Haus bereits bewohnt ist.
Eine Studie, die der Bauherren-Schutzbund e. V. gemeinsam mit dem Institut für Bauforschung in Hannover kürzlich veröffentlicht hat, kam zu teilweise erschreckenden Ergebnissen:
- Die Bauqualität ist in den letzten Jahren nicht besser, sondern noch um 10 Prozent schlechter geworden.
- Während des normalen Bauverlaufs treten durchschnittlich 20 Mängel auf, weitere 10 werden bei der Schlussabnahme entdeckt.
- Im Rahmen o. g. Studie wurden auf 70 Baustellen (Ein- und Zweifamilienhäuser) 600 Kontrollen durchgeführt, bei denen 1.642 Mängel festgestellt worden sind.
- 19 Prozent der Fehler entfallen auf die Gebäudeabdichtung.
- Dachkonstruktion, Statik und Rohbau sind mit 14 Prozent dabei und bei weiteren 11 Prozent handelt es sich um kritische Fehler bei Wärmedämmung sowie Schall- bzw. Brandschutz.
Staatliche Auflagen beachten
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen hat für den Zeitraum von 2000 bis 2014 festgestellt, dass die Kosten rund um den Neubau pro Quadratmeter Wohnfläche von Euro 2.209,- auf Euro 3.800,- gestiegen sind. Die Preistreiber waren in der Hauptsache Vorgaben des Gesetzgebers zur Energieeffizienz, Schnee-, Sturm- und Erdbebensicherheit, Brand- und Schallschutz sowie Barrierefreiheit. Durch diese kommt es in der Summe zu einer Verteuerung der Baukosten um 424,- Euro je Quadratmeter.
Obwohl sie weniger auf die Rohbaukosten durchschlägt: Auch die Energiesparverordnung wurde in den letzten sechs Jahren fünfmal novelliert, was wiederum zu Mehrkosten in Höhe von 13,8 Prozent führte. Der Auflagenkatalog wird immer umfangreicher und ist für Laien kaum noch zu überblicken, sodass sich Bauherren in spe nicht überschätzen sollten, was ihre bauliche Qualifizierung für den Rohbau eines Hauses anbelangt.
Muskelhypothek einbeziehen
Verinnerlichen wir uns kurz, dass wir die Höhe der Rohbaukosten für das Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 140 m² im Artikel So hoch sind die Rohbaukosten mit je 751 Euro angenommen haben.
Wilfried Ritter, unser Baufachmann aus dem ersten Teil, geht nun noch ein wenig tiefer in die Materie und erklärt den weniger bauaffinen Interessenten, mit welchem Einsparpotenzial zu rechnen ist, wenn selbst am Rohbau mit Hand angelegt wird. Auch diese Übersicht durften wir freundlicherweise von seinem Online-Portal haus-selber-bauen.com übernehmen:
- Materialkosten und Baustoffpreise (Prozent): + 15
- Materialkosten und Baustoffpreise (Euro): + 6.307,-
- Einsparungspotenzial bei den Arbeitskosten (Prozent): - 30
- Einsparungspotenzial bei den Arbeitskosten (Euro): - 18.922,-
- Einsparungspotenzial insgesamt (Prozent) bei dieser Bauetappe: - 12
- Einsparungspotenzial insgesamt (Euro) bei dieser Bauetappe: - 12.615,-
Da eine Baufirma in jedem Fall das benötigte Material und auch die Baustoffe zu einem günstigeren Preis als Privatkunden einkaufen wird, ist der tatsächliche finanzielle Vorteil bezüglich der Eigenleistungen am Rohbau im Zweifelsfall eher bescheiden und daher vorab genauestens durchzukalkulieren. In unserem Artikel Die Muskelhypothek gehen wir genauer auf alle Probleme, aber auch die Vorzüge ein.
Zeitaufwand veranschlagen
Was oben nicht einmal einberechnet wurde, ist der erhöhte Zeitaufwand, den Hobbyhandwerker gegenüber einem professionellen Fachbetrieb naturgemäß aufbringen müssen. Und der sieht im konkreten Ablauf eines Rohbaus in etwa so aus:
- Erdarbeiten, beispielsweise für den Aushub einer Baugrube: 2 Tage
- Arbeiten an der Kanalisation und Errichtung der Bodenplatte: 2 Tage
- Kellergeschoss mit Isolierung: 5 Tage
- Rohbauliche Ausführung von Erd- und Obergeschoss: 9 Tage
- Dachstuhl inkl. Dämmungsarbeiten ohne Deckung: 4 Tage
- Klempnerarbeiten und Dacheindeckung: 3 Tage
Die Bauzeiten beziehen sich auf ein in klassischer Massivbauweise errichtetes und durchschnittlich großes Einfamilienhaus. Die Anzahl der Tage kann selbstverständlich entsprechend der beabsichtigten Bauweise vom Zeitfaktor her abweichen. Statt der insgesamt 25 Arbeitstage, die ein Bauunternehmen benötigt, braucht eine ungelernte Kraft zum Selberbauen ganze 47 Tage.
Oberstes Ziel: Qualität sichern
Und noch eine Tatsache sollte mit in Betracht gezogen werden, um den Rohbau richtig zu planen: Wenn alles nach Vorstellung und auch noch sicher laufen soll, braucht es gerade am Bau zuverlässiges Werkzeug, das nicht unbedingt vom Wühltisch an der Baumarktkasse stammen sollte. Hochwertig muss es sein! Dazu kommen noch präzise Messgeräte, schützende Bekleidung und – für den nicht anzunehmenden Ernstfall – eine solide Grundausstattung an Erste-Hilfe-Material.
Getreu dem Schuster, der bei seinen Leisten bleiben sollte, muss jedes persönliche Eingreifen am Bau wohl überlegt sein. Gerade, wenn es um Eigenleistungen geht, wird es auch abseits des Rohbaus nicht an Gelegenheiten mangeln, seine Arbeitskraft für Eigenleistungen mit einzubringen; vielleicht bei den Außenlagen, aber mehr noch bei den bevorstehenden Herausforderungen, welche die Innenausbauarbeiten bereit halten. Wer also den Robau richtig planen möchte, sollte dies mit Vernunft angehen und realistisch bleiben. Dann klappt es auch mit dem Traumhaus!
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