Innengewindebohrer im Überblick
Innengewindebohrer und die notwendigen Begrifflichkeiten
Zuerst sollten aber noch ein paar Begrifflichkeiten erläutert werden. Wenn in diesem Artikel von einem Gewinde gesprochen wird, dann ist immer ein metrisches Innengewinde gemeint. Immerhin soll ja auch ein Innengewinde geschnitten werden.
Daneben gibt es weitere Begriffe, wie z.B. Durchgangsbohrung, Sackloch, Kernloch, Sacklochbohrer, Durchgangsgewindebohrer, Gewindebohrersatz und Maschinengewindebohrer. Aber eines nach dem anderen! Denn in den folgenden Kapiteln wird auf alle diese Begrifflichkeiten noch genauer eingegangen. Hinterher fragst Du Dich, warum Du mit diesem Thema überhaupt Probleme hattest!
Durchgangsbohrung oder Sackloch
Beginnen wir mit den verschiedenen Arten von Löchern. Der Unterschied zwischen einer Durchgangsbohrung und einem Sackloch liegt in der Eindringtiefe des Loches in das Werkstück. Eine Durchgangsbohrung ist ein Loch, welches das Material vollständig durchdringt. Ein Sackloch hingegen ist ein Loch, welches das Material nicht vollständig durchdringt und eine bestimmte Tiefe hat.
Am anschaulichsten ist das mit Hilfe der nebenstehenden Bilder zu erklären. Das linke Loch geht durch das Werkstück (Durchgangsloch) und das rechte Loch endet im Werkstück (Sackloch). Zugegeben, das war einfach, oder?
Durchgangsgewindebohrer oder Sacklochbohrer
Mit diesem Wissen im Gepäck lassen sich auch schon die zwei grundlegenden Arten von Gewindebohrern erklären: nämlich der Durchgangsgewindebohrer und der Sacklochbohrer. Aber warum braucht man für diese beiden Arten von Löchern eigentlich unterschiedliche Bohrer? Loch müsste ja eigentlich gleich Loch sein, oder?
Nun, nicht ganz! Denn beim Sackloch müssen die Späne beim Schneiden des Innengewindes zwingend nach oben transportiert werden. Beim Durchgangsloch hingegen können bzw. werden die Späne in Schneidrichtung abtransportiert. Das ist der kleine, aber überaus wichtige Unterschied zwischen den beiden Gewindebohrerarten.
Interessant: Ein Durchgangsgewindebohrer ist nur zum Schneiden von Durchgangslöchern geeignet. Der Sacklochbohrer kann dagegen neben dem Sackloch auch für das Schneiden eines Durchgangsloches eingesetzt werden.
Kernloch und Kernlochtabellen
Nachdem nun die beiden Begriffe 'Durchgangsbohrung' und 'Sackloch' geklärt sind, stellt sich vielleicht auch noch die Frage, was es mit dem Kernloch auf sich hat.
Aber auch das ist schnell erklärt: Da der Innengewindeschneider nur das Gewinde formt bzw. schneidet, ist für jedes Innengewinde ein vorgebohrtes Loch mit definiertem Durchmesser Voraussetzung. Und genau dieses vorgebohrte Loch wird Kernloch genannt. Damit das Gewinde am Ende die richtigen Dimensionen aufweist, darf das Kernloch nicht beliebig groß ausfallen, sondern muss auf das Zehntel genau vorgebohrt werden. Die Größen des benötigten Kernlochs sind enweder auf der Rückseite des Gewindebohrers angegeben oder können in Tabellen nachgeschlagen werden.
Die wichtigsten Größen sind M4 = 3,3 mm, M5 = 4,2 mm, M6 = 5 mm und M8 = 6,8 mm. Die nachfolgende Tabelle zeigt die wichtigsten Kernlochgrößen metrischer Iso-Gewinde (Regelgewinde):
Größe | Steigung | Kernloch |
---|---|---|
M2 | 0,4 | 1,6 |
M2,5 | 0,45 | 2,1 |
M3 | 0,5 | 2,5 |
M4 | 0,7 | 3,3 |
M5 | 0,8 | 4,2 |
M6 | 1 | 5 |
M8 | 1,25 | 6,8 |
M10 | 1,5 | 8,5 |
M12 | 1,75 | 10,2 |
M16 | 2 | 14 |
M20 | 2,5 | 17,5 |
M24 | 3 | 21 |
Gewindebohrersatz
Nun zu den letzen Begrifflichkeiten! Wann wird von einem Gewindebohrersatz und wann von einem Maschinengewindebohrer gesprochen?
Der sogenannte Gewindebohrersatz besteht aus drei Innengewindebohrern, welche hintereinander zum Einsatz kommen. Beim 3-stufigen Gewindebohrersatz wird das Innengewinde geformt und geschnitten, indem der Vorschneider das Innengewinde nur leicht ausformt, und der Mittelschneider oder Nachschneider bereits eine Gewindeform schneidet. Die unterschiedlich abgeflachten Zähne am Anschnitt, also am Anfang des Gewindebohrers, heben jeweils einen etwa gleich breiten Span ab. Die hinteren Zähne dienen dann nur noch der Führung im bereits geschnittenen Innengewinde. Der Fertigschneider schneidet schließlich die Spitzen in die Gewindegänge und formt die fertige Geometrie.
Markiert ist der Vorschneider mit einem, der Mittelschneider mit zwei Ringen. Der Fertigschneider hingegen weist meist keine Markierung auf. Auch im gut sortierten Fachhandel ist der Gewindebohrersatz immer seltener im Regal zu finden, obwohl dieser zum Nachschneiden von beschädigten Innengewinden bestens geeignet ist. Immrhin wird das Gewinde nicht nur geschnitten, sondern auch geformt. Und der flache Anstieg der Schneiden macht das Ansetzen sehr leicht.
Hinweis: Die Gewindebohrer des Gewindebohrersatzes besitzen immer eine gerade Nut ohne Schälanschnitt. Aufgrund der geringen Materialabfuhr eignen sich diese hauptsächlich als Durchgangsbohrer für geringe Tiefen und weniger als Sackloch-Gewindebohrer. Sehr kurze Sacklöcher bilden die Ausnahme.
Maschinengewindebohrer bzw. Einschnittgewindebohrer
Der Einschnittgewindebohrer bzw. Maschinengewindebohrer hat den Gewindebohrersatz in vielen Belangen abgelöst. Der Einsatz von Maschinen und die Forderung nach kürzeren Bearbeitungszeiten hat den Maschinengewindebohrer, bei dem das Schneiden eines Innengewindes in nur einem Arbeitsschritt möglich ist, hervorgebracht. Daher kommt auch der Name dieses Werkzeugs.
Der Maschinengewindebohrer muss aber nicht zwingend in einer CNC-Maschine eingesetzt werden. Mit einem Windeisen kann dieser auch per Hand zum Schneiden eines Innengewindes eingesetzt werden. Trotzdem schafft der Name beim Kauf eines Innengewindebohrers meist große Unsicherheiten. Um ein neues Innengewinde zu schneiden, kann jedoch der Umweg über den 3-stufigen Gewindebohrersatz ohne Weiteres ausgelassen werden.
Für das Schneiden von Hand wird wie schon beim Gewindebohersatz ein Windeisen verwendet, in welches das vierkantige Ende des Gewindeschneiders eingespannt wird.
Nuten von Gewindebohrern
Maschinengewindebohrer sind sowohl als Sacklochgewindebohrer als auch als Durchgangsgewindebohrer erhältlich. Ein Sacklochgewindebohrer führt das Material in der Regel nach oben ab und kann daher für das Schneiden eines Sackloch-Innengewindes wie auch eines Durchgangsgewindes verwendet werden. Der Durchgangsgewindebohrer kann aber nur für Durchgangsbohrungen eingesetzt werden, da die Späne nach unten bzw. in Schneidrichtung abtransportiert werden. Würde mit dem Durchgangsgewindesbohrer ein Sackloch gebohrt werden, dann würden die Späne den Durchgangsgewindebohrer in einem Sackloch blockieren und im schlimmsten Fall sogar abbrechen lassen.
Wie aber kann bei einem Maschinengewindebohrer erkannt werden, wofür er sich eignet? Nun, dafür ist die Nut verantwortlich. Maschinengewindebohrer mit geraden Nuten können für kurze Durchgangslöcher und Sacklöcher eingesetzt werden, Maschinengewindebohrer mit geraden Nuten und Schälanschnitt jedoch nur für Durchgangslöcher. Hier wird das Material nämlich ebenfalls nach unten abgeführt. Gewindebohrer mit linksgedrallten Spiralnuten sind ebenso nur für Durchgangslöcher geeignet. Gewindebohrer mit rechtsgedrallten Spiralnuten sind vor allem für Sacklochbohrungen vorgesehen. Durchgangslöcher können mit diesem aber auch bewerkstelligt werden. Die nachfolgende Tabelle schafft einen kurzen Überblick:
Nutenform | Durchgangsgewinde | Sacklochgewinde |
---|---|---|
gerade Nuten ohne Schälanschnitt | + | + |
gerade Nuten mit Schälanschnitt | ++ | -- |
linksgedrallte Nuten | ++ | -- |
rechtsgedralle Nuten | + | ++ |
Anschnittformen
Als letztes Merkmal gibt es bei den Maschinengewindebohrern die Anschnittform: Form A bis Form E. Auch wenn diese Angaben nur auf hochwertigen Gewindebohrern zu finden ist, wollen wir nicht darauf verzichten, zumindest deren Bedeutung zu erklären. Die Anschnittform gibt darüber Auskunft, wie viele Gänge für den Anschnitt verantwortlich sind. Die Werte geben sich dabei wie folgt:
Form A (6 – 8 Gang)
Form C (2 – 3 Gang)
Form D (3,5 – 5 Gang)
Form E (1,5 – 2 Gang)
Für die Gewindeboher bedeutet das im Prinzip: Je länger der Anschnitt, umso länger die Standzeit des Bohrers. Eigentlich klar, wenn man bedenkt, dass das Gewinde bei langen Anschnitten in kleinen Schritten ausgeformt und geschnitten wird. Fällt der Anschnitt kürzer aus, wird von Anfang an mehr Material abgetragen. Und das wiederum verkürzt die Standzeit des Bohrers. Mancher wird sich jetzt fragen, warum es dann überhaupt Gewindebohrer mit kurzem Anschnitt gibt. Nun, bei Durchgangslöchern kann es durchaus Sinn machen, ausschließlich Form A mit langem Anschnitt zu verwenden. Doch bei Sacklöchern wird man schnell an die Grenzen des Machbaren stoßen. Denn hier kann es passieren, dass der Bohrer zwar zur Gänze eingedreht, das Gewinde aber noch nicht geschnitten ist. Doch keine Sorge, Sacklochbohrer gibt es nur in kurzen Anschnittformen. Alles andere wäre sinnlos. Also brauchst Du Dir für die normale Anwendung darüber nicht den Kopf zu zerbrechen.
Fazit und Anwendungsfälle
Damit wäre auch schon alles Wissenswerte zu den Innengewindebohrern erklärt. Wenn wir einmal vom letzten Absatz absehen, war alles ziemlich einfach. Findest Du nicht auch? Aber genug der Theorie! Wie geht nun das Gewindebohren vonstatten? Und worauf muss dabei geachtet werden? Das wollen wir Dir natürlich auch nicht vorenthalten. Daher zeigen wir Dir im Artikel Gewinde schneiden mit Gewindebohrersatz anhand eines Beispiels, wie ein 6-mm-Durchgangsgewinde in eine rund 10 mm dicke Metallplatte geschnitten werden kann. Im Artikel Gewinde schneiden mit Maschinengewindebohrer zeigen wir wiederum einen Anwendungsfall, bei dem ein Innengewinde in einem Arbeitsgang mit einem Maschinengewindebohrer geschnitten wird.
Viel Spaß bei unseren Praxis-Anleitungen! Wir wünschen Dir gutes Gelingen bei Deinem ersten eigenen Innengewinde!
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