Das Anwendungsbeispiel
In dem Artikel Innengewindeschneider im Überblick haben wir bereits verschiedene Arten von Gewindebohrern für unterschiedliche Anwendungen beschrieben. In der folgenden Anleitung wird nun das Schneiden eines Gewindes in eine Durchgangsbohrung erklärt. Das Ganze erfolgt mit dem Gewindebohrersatz und wird natürlich anhand eines Beispiels erläutert.
Es soll ein M6-Durchgangsgewinde in ein 10 mm starkes Werkstück (Flachstahl) geschnitten werden. Anders ausgedrückt, wird ein metrisches Gewinde mit 6 mm Durchmesser in einer Durchgangsbohrung hergestellt. Das Innengewinde soll mit einem Gewindebohrersatz, also in drei Schritten geformt bzw. geschnitten werden. Zuerst wird ein Kernloch gebohrt, der Grat durch Schneiden einer Fase entfernt und danach die Gewindebohrung hergestellt. Das Werkzeug und das Werkstück sind von handelsüblicher Qualität.
Werkzeug und Material
- Werkstück – ein 10mm dicker Flachstahl (Metallplatte) in handelsüblicher Qualität
- Kernlochbohrer – ein 5 mm HSS (Metallbohrer) für ein M6-Innengewinde
- Kegelsenker – ein 90° Kegelsenker (für Metall)
- Gewindebohrersatz – bestehend aus Vorschneider, Mittelschneider (oder Nachschneider genannt) und Fertigschneider
- Windeisen – zum Einspannen der Gewindebohrer
- Schneidölspray – zum Kühlen und Schmieren
- Schutzbrille
Sicherheit und Schmierung
Die Sicherheit darf beim Gewindeschneiden bzw. beim Innengewindeschneiden nicht außer Acht gelassen werden. Auch wenn die Schnittgeschwindigkeiten beim Schneiden eines Innengewindes relativ gering sind oder gar von Hand geschnitten wird, ist immer eine persönliche Schutzausrüstung zu tragen. Eine Schutzbrille darf dabei niemals fehlen. Doch diese hilft natürlich nur, wenn sie auch auf der Nase sitzt.
Aufgrund der Härte der Gewindeschneider ist ein Bruch und folgliches Absplittern nicht auszuschließen. Auch die Spanform kann zu unangenehmen Verletzungen führen. Daher sollten Späne während des Schneidens nicht entfernt werden.
Auch darf auf die entsprechende Schmierung beim Innengewindeschneiden nicht verzichtet werden. Dazu gibt es für den Heimwerker bzw. den gelegentlichen Gebrauch Sprühdosen, welche sehr praktisch in der Handhabung sind. Schmiermittel verringern nicht nur die Reibung sondern haben auch eine kühlende Wirkung und verlängern so die Standzeit (Lebensdauer) des Werkzeugs.
Kernloch bohren und entgraten
Am Beginn jedes Innengewindes steht ein Kernloch. Da der Gewindeschneider nur das Gewinde schneidet und formt, muss ein entsprechendes Loch vorgebohrt werden. Die Größe der passenden Löcher zu den Gewindegrößen sind in Kernlochtabellen zu finden. Für ein 6mm großes, metrisches Innengewinde muss z.B. ein Loch mit 5mm Durchmesser gebohrt werden. Für ein 8mm Innengewinde wird ein Loch mit einem Querschnitt von 6,8mm benötigt.
Für diesen Anwendungsfall wird ein entsprechendes Loch im Werkstück vorbereitet. Das Anzeichnen mittels Reißnadel und Eisenlineal und das Vorkörnen mit Hammer und Körner haben wir in unserem Artikel "Reißnadel, Eisenlineal und Körner richtig verwenden" näher beschrieben.
Auch zum Bohren des Kernlochs wird der Schneidölspray zum Kühlen und Schmieren eingesetzt. Nach dem Bohren wird das Loch mittels Kegelsenker entgratet. Das erleichtert später ein gerades Ansetzen des Innengewindebohrers und sieht nebenbei zum Schluss auch ansehnlich aus.
Innengewinde richtig schneiden – Vorschneiden ...
Als nächstes wird das Werkstück ordentlich fixiert. Danach wird auch schon mit dem Schneiden des Innengewindes begonnen. Zur Erinnerung: Der Vorschneider besitzt einen Markierungsring, der Mittelschneider zwei Markierungsringe und der Fertigschneider in der Regel keine Markierung. Der Gewindebohrer wird in das Windeisen eingesetzt und am Kernloch so gerade wie möglich angesetzt. Mit dem Vorschneider des dreistufigen Innengewindeschneiders, auch Handgewindebohrer genannt, gelingt dies aufgrund des flachen Anstiegs der Schneidezähne sehr einfach. Ist der Vorschneider vollständig durch das Werkstück hindurch, wird er ausgedreht und aus dem Windeisen ausgespannt.
... und Mittelschneiden
Danach wird der Mittelschneider – auch Nachschneider genannt – eingespannt und erneut mit etwas Schneidöl am Durchgangsloch angesetzt. Greift der Mittelschneider, wird dieser mit dem Windeisen weiter gedreht. Im Normalfall wird der Gewindebohrer zum Schneiden nur in Schneidrichtung, also im Uhrzeigersinn bewegt. Sollte der Widerstand des Gewindebohrers zu hoch werden, weil etwa die Späne zu lang sind und nicht abtransportiert werden können, dann wird der Gewindebohrer wieder eine Stück zurück bewegt, um die Späne manuell zu brechen. Der Mittelschneider schneidet eine tiefere Kerbe in den vom Vorschneider leicht geformten Gewindegang.
Fertigschneider
Nun folgt der Fertigschneider. Nicht vergessen, etwas Schneidöl aufzutragen, um die Reibung zu verringern! Speziell beim Fertigschneider reduziert das Schmiermittel den Widerstand. Der Fertigschneider wird wiederum vollständig durch Drehen im Uhrzeigersinn durch das ganze Werkstück bewegt. Auch hier sollte der Gewindeschneider nur zurückbewegt werden, wenn die Späne manuell gebrochen werden müssen. Die gebrochenen Späne reiben beim Zurückdrehen im bereits geschnittenen Gewinde und verschlechtern das Schnittbild, die Genauigkeit und die Standzeit des Gewindebohrers.
Ergebnis
Am Ende steht ein sauber geschnittenes Innengewinde der Größe M6 zur Verfügung. Eine M6-Schraube lässt sich per Hand leicht eindrehen und natürlich auch festziehen.
Das Schneiden eines M8-Innengewindes erfolgt auf die gleiche Weise. Lediglich die Kernlochbohrung muss angepasst werden. Außerdem erfordert das Schneiden eventuell mehr Kraft.