Buchtipp: Brotbacköfen selber bauen – Warum auch nicht?

Zeiten, in denen die Selbstversorgung mit vielen kleinen und großen Dingen des täglichen Bedarfs eine immer größer werdende Rolle zu spielen scheint, sind durchaus angetan, sich mit Literatur, wie dem „Handbuch Brotbacköfen selber bauen“ von Bernhard Gruber zu beschäftigen. Meine Motivation für das 232 Seiten starke Buch aus dem österreichischen Löwenzahn Verlag war zusätzlich von einem besonders aktuellen Ereignis genährt: Unsere Landbäckerei im Ort stellte völlig überraschend und mit der Argumentation, es lohne sich nicht mehr, die Herstellung von Steinofenmischbrot ein; MEINER Lieblingssorte! Da sind Alternativen gefragt!

Bauanleitung gesucht

Ja, und nun? Platz genug ist auf unserem Grundstück. Mein handwerkliches Verständnis und Geschick schienen mir ausreichend zu sein. Fehlte also „nur“ noch verlässliche Literatur, die mir verständlich macht, ob und wie ich mir einen Brotbackofen allein zusammenbauen kann. Bis dahin war ich der Auffassung, dass die Materialfrage bereits geklärt wäre, da ich bereits über einen ansehnlichen Vorrat an Baumaterial, also Hohlkammerziegel, alte Mauersteine und vieles mehr verfügte. Dass ich allein damit nicht sehr weit kommen würde, war mir bis dahin nicht klar. Ich bin übrigens nie ein großer Freund von Handbüchern und Bauanleitungen gewesen, sondern eher ein Verfechter der Methode „Versuch und Irrtum“. Das fiel mir im Fall des Brotbackofens jedoch recht schwer. Von daher waren meine Erwartungen an dieses Buch durchaus sehr hoch.

Um es vorauszuschicken: Ich habe diese spannende Lektüre von der ersten bis zur letzten Seite gelesen. Mich haben bereits die Hintergründe, Motivationen und selbst die kleine Gebrauchsanweisung des Autors zum Umgang mit seinem Buch gefesselt. Oder die Aufklärung darüber, was der Fuchs eigentlich im Brotbackofen verloren hat – dank einer Definition aller Begriffe, die in irgendeiner Art mit dem Bau solcher Öfen oder ihrer Historie zu tun haben. Bis Seite 24 und dem altüberlieferten Walnuss-Dinkelbrot-Rezept von Erika Gruber, der Mutter des Autors, wird dem Leser klar, worum es in diesem Buch gehen wird und dass es sich hierbei nicht um ein im schulmeisterlichen Stil verfasstes Lehrbuch handelt.

Lohnenswertes Vorhaben?

  • Lehm als Baumaterial für Öfen
    © Löwenzahn Verlag | Wissenswert: Auch die Bedeutung von Lehm als Baustoff wird in dem Buch ausführlich beleuchtet.
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Der Autor nimmt seine Leser sozusagen an die Hand und mit in die unterhaltsame Geschichte des Brotbackofens, vermittelt zudem die detaillierten Grundlagen der Werkstoffkunde, die es zum Bau braucht. Spätestens bei der sehr umfangreichen und nützlichen Abhandlung des Themas „Lehm – unser Baustoff aus der Natur“ wird klar, dass es nur mit ein paar Steinen, Zement, Kies und gutem Willen nicht ganz einfach wird mit dem neuen, alten Brotbackofen auf dem Hof. Aber auch nicht unmöglich, wenn sich der Leser im Weiteren die vielen Projekte des Autors in seinem reichlich bebilderten Buch verinnerlicht, die allesamt ähnlich einer Schritt-für-Schritt-Anleitung sehr praxisnah beschrieben sind.

Ausgelassen wird auch nicht die Frage der Rentabilität eines solch komplexen Bauvorhabens. Diese sollte sich der Leser unbedingt stellen, bevor er mit der Arbeit an seinem Ofen beginnt. Auch ich hatte bis dahin überhaupt nicht daran gedacht. Wochenlanges Basteln, inklusive der materialbedingten Trocknungszeiten – bei so einem Aufwand sollte ein doch recht voluminöses Bauwerk wie dieses am Ende natürlich auch funktionell ausgelastet sein. Einmal in der Woche für den Brotbedarf einer dreiköpfigen Familie angefeuert zu werden, lohnt da nicht wirklich. Schließlich wurde bereits vor Generationen für ganze Dorfgemeinschaften und möglichst noch in zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen je Brennholzladung gebacken.

Unterhaltsamer Leitfaden

Was hat das Buch nun letztendlich bei mir bewirkt, außer dass ich beim Lesen immer wieder an den Duft von gerade frisch gebackenem Brot denken musste? Oder dass ich überlegt habe, wo ich wohl stabile Weidenruten für den Kuppelbau meines neuen Brotbackofens herbekommen könnte? Nun: Ich werde es mindestens noch einmal lesen, nachdem ich in den nächsten Wochen ein oder zwei Projekte der von Bernhard Gruber empfohlenen Praxisbeispiele direkt vor Ort besucht habe. Und danach geht es frisch ans Werk! Die wahrscheinlich beste Anleitung dafür, wie ein solcher Bau von Fundament bis Dach gelingen kann, sowie unglaublich köstliche Brotrezepte habe ich mit dem Handbuch schon mal. Und der Wille nach dem eigenen Ofen verfestigte sich bei mir von Kapitel zu Kapitel immer mehr.

Wer sich ebenfalls mit dem Gedanken einer künftigen Unabhängigkeit vom Industriebrot trägt und mit seiner Familie zum Besseresser werden möchte, kommt am Handbuch „Brotbacköfen selber bauen“ nicht vorbei und wird die vielen Erfahrungsberichte des Autors und seine hilfreichen Tipps für sein künftiges Hobby als Brotbackofenbauer schnell schätzen lernen. Fachlich versiert und beinahe im unterhaltenden Plauderton geschrieben, ist es ein ausgezeichnetes Lehrbuch, das zum Mitdenken, zeitweise gar zum Schmunzeln anregt. Schon gewusst, wie im deutschsprachigen Raum des Mittelalters Bäcker bestraft wurden, die aus Profitgier Lebensmittel verfälscht hatten? Als Bäckerschupfen wurde damals das Aufhängen solcher Betrüger in einem Drahtkorb über einer Jauchegrube bezeichnet, das in Österreich erst 1792 abgeschafft wurde und im Buch wie folgt beschrieben wird: „Der Bäcker wurde zuerst in einen Käfig aus Holz oder in einen Korb aus Holz gesetzt und mittels einer hebelartigen Vorrichtung mehrere Male unter Wasser getaucht. Der Zulauf war bei solchen Anlässen besonders groß und zum Schaden kam auch der Spott hinzu, mit dem die stets schaulustigen Wiener nicht geizten“. Ob mein Lieblingsbrot damals auch einfach so abgeschafft worden wäre?

 

Bildquelle: Löwenzahn Verlag/ © fotoatelie - Fotolia.com

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