Die Macht des Grundbuchs

Hamburg (ots) - Darf ein neuer Eigentümer über sein Grundstück frei entscheiden? Oder haben weitere Parteien wie Banken oder Nachbarn auch Rechte? Das Grundbuch und die darin enthaltenen Einträge sorgen immer wieder für Unsicherheiten. Bauherren sollten sie verstehen und richtig nutzen, denn Fehler im Grundbuch können verheerende Folgen nach sich ziehen!

Was man über das Grundbuch wissen sollte

Im Grundbuch verwaltet der Staat alle Grundstücksrechte. Detailgenau sind dort Größe und Art des Grundstücks vermerkt und damit festgelegt, was wirklich erworben wird. Es ist in drei Bereiche eingeteilt: das betreffende Grundbuchamt, das Bestandsverzeichnis und drei Abteilungen, in denen die Rechte behandelt werden. "Sie sind im Zusammenhang mit Kauf und Finanzierung eines Grundstücks von entscheidenden Bedeutung und sollten vom zukünftigen Eigentümer gekannt und verstanden werden", erläutert Stephan Scharfenorth, Geschäftsführer des Baufinanzierungsportals Baufi24.de.

Die drei Abteilungen umfassen die Abteilung I für Eigentumsverhältnisse, die Abteilung II für Lasten und Beschränkungen sowie die Abteilung III für die Grundschulden des Verkäufers bei Kreditinstituten oder Privatpersonen. In Abteilung I stellt ein potenzieller Käufer fest, ob der Verkäufer wirklich Eigentümer des Grundstücks ist. "Die zweite Abteilung sollte auf keinen Fall vernachlässigt werden, da hier unter anderem Wegerechte, Vorkaufsrechte und weitere Besonderheiten festgelegt sind", erklärt Stephan Scharfenorth. Eine genaue Prüfung kann späteren Ärger vermeiden. "Für die Finanzierung ist die 2. Abteilung wichtig, da beispielsweise die Nutzung eines Grundstücks durch ein Wegerecht des Nachbarn oder Wohnrechte von Vorbesitzern stark eingeschränkt wird und damit auch Auswirkungen auf den Wert hat", verrät Scharfenorth.

Abteilung III ist für die Finanzierung am bedeutendsten, befinden sich hier doch die entscheidenden Einträge nach Erwerb des Grundstückes, vor allem die Finanzierungsränge: Erster Finanzierungsrang bis 60 Prozent des Beleihungswertes, zweiter Finanzierungsrang bis 80 bzw. bis 90 Prozent des Beleihungswertes oder dritter Finanzierungsrang bis 100 Prozent des Beleihungswertes. Im Falle einer Versteigerung hat der erste Rang zuerst Anspruch auf Gelder, dann der zweite und zuletzt der dritte. Für die Sicherheiten einer finanzierenden Bank ist es von großer Bedeutung, auf welchem Rang sie im Grundbuch steht. Denn jede Hypothek wird im Grundbuch festgehalten und bildet das Recht, ein Darlehen zu bekommen. Als Grundschuld wird die Darlehenssumme eingetragen, eine Voraussetzung vor der Auszahlung. Aufgrund ihres Bankrechts ist es Hypothekenbanken nur erlaubt, in den ersten Rang zu gehen, während Bausparkassen Mittel für den zweiten Rang zur Verfügung stellen. "Im ersten Rang sollte immer der Hauptteil der Finanzierung stehen", empfiehlt Scharfenorth.

Scheidung, Grundschuld und Verkauf -Worauf zu achten ist

Scheidung

Die meisten Eheleute lassen sich beim Kauf einer Immobilie je zu 50 Prozent als Eigentümer ins Grundbuch eintragen. Wie wirkt sich das im Falle einer Scheidung aus? Einer der Partner kann den anderen auszahlen und gelangt so zu 100 Prozent Eigentum, mit entsprechendem Eintrag im Grundbuch. Das ist jedoch meist finanziell nicht möglich und hat entweder den Verkauf oder den Auszug eines Partners zur Folge. Was aber, wenn nur ein Partner im Grundbuch eingetragen ist? Da in Deutschland die meisten Ehen als Zugewinngemeinschaft deklariert sind, steht dem Partner ohne Grundbucheintrag dennoch sein Anteil zu. Vorteil eines 50/50-Eintrags ist, dass ohne die Zustimmung des ehemaligen Partners keine Entscheidung über einen Verkauf getroffen werden kann.

Kosten bei Grundbuchänderungen

Wechseln Eigentümer die finanzierende Bank, etwa im Falle einer Anschlussfinanzierung, sind auch Änderungen im Grundbuch nötig. "Bei jeder Eintragung im Grundbuch fallen Kosten an. Diese sind aber entgegen der weitläufigen Meinung im Falle einer Anschlussfinanzierung geringer als angenommen", weiß Scharfenorth. Die neue Bank lässt die als Sicherheit dienende Grundschuld auf sich umschreiben. Ein Notartermin ist dann in der Regel nicht nötig, und es fallen vertretbare Gebühren an. Beispiel: Stehen im Grundbuch 200.000 Euro, kostet die Abtretung 285 Euro. Teurer wird es, wenn die Grundschulden im Grundbuch gelöscht und anschließend ein neuer Betrag eingetragen werden muss. Für die Löschung der alten Summe und die Eintragung der neuen würden dann 1.279 Euro anfallen. Dieser Vorgang kommt aber in der Praxis nur sehr selten vor.

Gültigkeit und Einblick

Erst der Eintrag im Grundbuch legt den neuen Eigentümer fest, nicht der Kaufvertrag. Kurioserweise sind auch fehlerhafte Vermerke gültig: Die sogenannte scholastische Regel bedeutet: "Was im Buche steht, ist richtig", zumindest bis das Gegenteil bewiesen ist. "Vor dem Kauf prüfen schlaue Kaufinteressenten, ob Voreintragungen und Belastungen gelöscht sind. Falls nicht, sollte das den Kaufpreis mindern", rät Stephan Scharfenorth. Einblick ins Grundbuch haben grundsätzlich nur die Eigentümer. Im Falle des Verkaufs oder Kaufs kann jedoch weiteren Personen, etwa dem Notar oder Kaufinteressenten, Einblick gewährt werden. Scharfenorth: "Weigert sich ein Eigentümer, dem potenziellen Käufer einen Auszug des Grundbuchs zu gewähren, sind Zweifel angebracht."

 

Bildquelle: diybook

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